Kurzkritiken der Woche (4)


aka-Filme

Singapore Sling – Im falschen Film

Singapore Sling startet recht stimmungsvoll als Film-Noir, deutet hier ein kleines Verwirrspiel um die Identität der Protagonistin Laura an, winkt dort ein bisschen mit möglichen psychoanalytischen Deutungen. Um dann doch lediglich ein Vehikel für sexuelle Fetische zu sein, deren obsessive Darstellung dem Regisseur erkennbar wichtig ist. Wer auf diese spezielle Art der Sexualität steht und Pornografie außerdem gerne mit ästhetischen Schwarzweißbildern verdünnt konsumiert, der wird hier fündig. Wer hingegen andere erotische Phantasien als vomit, golden showers et al. hat und sich infolgedessen in der Hoffnung auf Unterhaltung auf den Filmanteil im Porno konzentriert, dem werden diese knapp zwei Stunden irgendwann lang. Sehr lang.

Manche der sexuellen Delikatessen sind zumindest anfangs noch interessant anzusehen, aber nach der x-ten Fesselung, Elektrokrampf-Folter, Wasserfolter oder Essensfolter (heißt das so??) wird es dann zäh. Daran ändert auch das unverkennbar vorhandene künstlerische Potenzial nichts, denn anders als Salo hat Singapore Sling nicht vor, auch noch etwas über die Darstellung von Sex Hinausgehendes zu verhandeln. So kommt man dann etwa nach der Hälfte der Zeit zu der unschönen Erkenntnis, schlichtweg nicht zur Zielgruppe dieses Films zu gehören.

Ja, man darf sowas drehen und man kann es sich auch ansehen. Wer davon nicht erregt wird, der sollte es sich allerdings gut überlegen. Man könnte nämlich stattdessen auch unterhaltsamere Dinge tun – z.B. sich die Rocky Horror Picture Show (den keuscheren, aber zugleich humorvolleren Zwilling) ansehen, selbst Sex haben, oder einfach schlafen gehen. (PM)

Logan Lucky – Die Dynamiken des globalen Kapitals

Wenn im Erdloch die Geldscheine in sekundenschnelle den zentralen Ort erreichen, nämlich den Gewinnpool des Unternehmens, wird schnell klar: Soderbergh beschäftigt sich in diesem Film mit dem heutigen globalen Finanzmarkt. Transaktionen werden in Windeseile getätigt, alles passiert in einem Tempo und einer Dynamik, von der wir im Alltag nichts oder nur wenig mitbekommen. Als Laie bleibt dieser Finanzmarkt auch ein reines Zahlenrätsel, es ist schwer ohne Fachkenntnis wirklich Fuß zu fassen und die Finanzkrise 2008/2009 hat gezeigt, dass selbst Ökonomen (noch) wenig davon verstehen. Ansonsten hätte diese Krise in breiten Kreisen vorausgesehen werden können, möchte man meinen. Logan Lucky schafft es dagegen unterhaltsam, als Plädoyer dafür zu werben, dass auch die Abgehängten einer Gesellschaft ein Recht auf ein besseres Leben und auf die ungerecht verteilten Reichtümer haben. Es wird nicht umsonst darauf hingewiesen, dass hier Kriegsveteranen und gescheiterte Football-Stars ihr Recht einfordern. Amerikanisch macht das den Film, vielleicht liegt hier auch ein Kritikpunkt: National ist so etwas wie eine Finanztransaktionssteuer (der Heist im Film spielt darauf deutlich an) schwer umzusetzen, außer der Reichtum wird an die Staatsbürgerschaft gekoppelt oder es werden neue, strengere Kapitalkontrollen eingeführt. Ansonsten hilft hier nur eine internationale, weltweite Lösung. Auch in unserer hochglobalisierten Welt leider schwer vorstellbar. Dennoch ist es beruhigend zu sehen, dass auch das Hollywood Kino nicht zu reinen Unterhaltungszwecken darauf setzen muss, klischeebesetzte Bilder von den Abgehängten der Gesellschaft zu zeichnen, sondern hier sind sie noch rein menschlich, wie auch das Verlangen, nicht aus der Gesellschaft fallen zu müssen. (DS)

Aktuelle Kinofilme

Wenn eine Kirche zur Zombie-Halle wird – Kurzkritik zu „Operation Overlord“

Ein Film, von dem man nicht viel erwarten muss und trotzdem viel bekommt sowie sehr gut unterhalten wird. Das Grundszenario, in dem unschuldige Menschen für ein Experiment missbraucht werden und zu Zombies mutieren, gefällt mir bei diesem Streifen sehr, zudem weiß er es zu meistern, die Spannung in jeder einzelnen Minute aufrechtzuerhalten. Vor allem überrascht hier, dass „Operation Overlord“ mit relativ unbekannten Darstellern gedreht wurde, weshalb der Film auch „nur“ 38 Millionen Dollar in der Produktion kostete. Diese größtenteils bis auf Wyatt Russell (Sohn von „Klapperschlange“ Kurt Russell) unbekannten Schauspieler meistern jedoch ihre Aufgabe sehr souverän, sodass der Film in weiten Teilen wie ein Indie-Horrorthriller aussieht. Die Lauflänge von 110 Minuten ist hierfür ideal, es wird genügend Zeit gegeben, um die Handlung detailliert und die Charaktere authentisch darzustellen. Das einzige, was an diesem Film etwas zu sehr ins Gegengewicht fällt, ist die ständige Überschüttung an Patriotismus. Ansonsten kann „Operation Overlord“ neben den bereits erwähnten Punkten auch aufgrund seiner starken Bilder und der guten Erzählweise überzeugen. (PF)


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