|
||||||
|
||||||
|
Zusammenfassung:
Regie: Okuda, Eiiji Buch: Izuru Narushima & Katsuhiko Manabe nach einer Kurzgeschichte von Renja Mikihika Darsteller: Okuda, Eiiji Ozawa, Mayu Shoji, Akira Natsuki, Mari Murota, Hideo
Zusammenfassung: Tomokawa (E.O.), ein fauler Kleinstadtpolizist Mitte Vierzig, lockert seinen Arbeitsalltag auf, indem er sich auf Affären mit verheirateten Frauen einlässt. Auf einem seiner Streifgänge begegnet ihm Yoko (M.O.), ein 15- jähriges Schulmädchen, das ihm gegen Geld Sex anbietet. Was zunächst Anschein einer (in Japan) geläufigen Angelegenheit unter Männern seines Alters erweckt, entwickelt sich anders als erwartet – das ungleiche Paar stürzt sich Hals über Kopf in ein verwickeltes Liebesspiel. Dabei wird es schnell von seiner Umwelt enttäuscht – die nahestehenden Personen um sie herum bieten keinerlei Unterstützung. Und das, obgleich diese seltsamerweise in einem verrückten Reigen allesamt zu ihnen zu gehören scheinen: Der quirlige Sukemasa (A.S.), geistig etwas zurückgeblieben, mit Tomakawa oft durch die Straßen ziehend, ist Yokos Bruder; ihre Mutter (M.N.), ausgeflippt auf ihr eigenes Lotterleben konzentriert, war in jüngeren Jahren die Geliebte Tomokawas. Und dessen Tätowierung, die seit langer Zeit seinen Rücken ziert, wurde vom Großvater (H.M.) der jungen Geschwister entworfen. Inzwischen schminkt dieser mit Hilfe Yokos die Gesichter Verstorbener.
Schnell konzentriert sich die Faszination Yokos auf das beeindruckende Abbild des einflügeligen Vogeltattoos. Sie ist fasziniert von der alten chinesischen Weisheit, die aussagt, dass der Phönixvogel erst mit der Hilfe seines weiblichen Pendants fähig ist, zu fliegen. Als sie sich nach einem langen innerlichen Kampf schließlich den quälenden Schmerzen einer eigenen Tätowierung stellt, scheinen nicht nur die beiden schillernden Vögel von den Rücken abzuheben …
Kommentar:
Okudas Regiedebüt beschäftigt sich mit dem in Japan sehr geläufigen Thema des s.g. „enjo kosai“, dem Anbieten von meist sexuellen Diensten junger Schülerinnen an ältere Männer gegen Geld. Obwohl sich die japanische Gesellschaft damit täglich auseinandersetzen muss, ist dieser Film einer der wenigen, der tiefen Einblick in eine emotionale Sphäre gewährt. Dieses Werk wird vor allem dem japanischen Publikum mit Sicherheit sehr kontroverse Reaktionen entlocken. Sieht man Mayu Ozawa als Yoko in ihrer Schuluniform in der Imbiss-Bar vor Tomekawa stehen, lassen ihre weichen, mädchenhaften Gesichtszüge zumindest bei Männern wohl eher Beschützerinstinkte aufkommen. Kurz darauf, im Zimmer des Hotels, gleitet sie dann jedoch langsam in die Rolle der lasziven, unschuldigen Verführerin. Lutscht, unter langsamer Kameraführung bis ins Detail aufgenommen, ausgiebig an Tomekawas Finger. Man wird als Zuschauer zweifellos davon ausgehen, dass diese Szene nur der Beginn weiterer Begegnungen dieser Art sein kann. Schulmädchen trifft auf älteren Mann, Sex im Austausch gegen Geld…so einfach könnte es sein.
Doch die Erwartungen oder Befürchtungen, je nachdem wie man es sieht, werden nicht erfüllt. Erotik ist oft unterschwellig vorhanden und präsentiert sich weniger in ausgiebigen Bettszenen. Sie entwickelt sich hier auf einer weitaus höheren, affektiven Ebene: Zu zweit fliegen die beiden auf einem Fahrrad über holprige Waldwege, lieben sich im warmen Licht des Abends und vergessen die Welt um sich herum. Zwei nach sich selbst Suchende, die durch ihre zerrütteten Verhältnisse stolpern, bis sie schließlich aufeinander prallen um festzustellen, dass sie abgesehen von ihrer Faszination füreinander noch anderes gemeinsam haben – nur nicht ihr Alter. Die sie Umgebenden nehmen alle auf ihre Art eine Außenseiterrolle in der japanischen Gesellschaft ein und stehen der ungewöhnlichen, neuen Liebe dennoch mit Skepsis und Widerwillen entgegen. Schon bald dreht sich alles darum, ob und wie die Liebenden in dem Chaos um sich herum beieinander bleiben können. Generell konzentriert sich die Kamera intensiv auf eine verletzliche Seite der Hauptdarsteller, nämlich ihre Rücken. Ob unter einem Hemd zu erahnen oder in langsamen Sequenzen herangezoomt, ist das Tattoo hierbei Mittelpunkt und Lichtpunkt des Geschehens, wird zum Teil, auch wenn es absurd klingt, handlungsprägend.
Wie der Film endet, ist beinahe absehbar. In manchen Sequenzen zieht er sich etwas langatmig dorthin, wo die Geschichte sich hinsehnt – zu der Erfüllung des alten chinesischen Schwurs, in dem die Seelen von Geliebten in zwei Vögeln zueinander finden, um gemeinsam von dannen zu fliegen. Wer leicht skurrile Handlungen schätzt, kommt auf seine Kosten. Liebhaber feiner, asiatischer Ästhetik werden zudem mit poetischen Bildern, eingetaucht in warme Lichteinstellungen, verwöhnt. Yoku und Tomekava Rücken an Rücken in strömendem Regen ihrem Glück entgegenfahren zu sehen macht Mut und entlockt dem Zuschauer gewiss ein Lächeln.
+++
Text: Rita Hagenlocher (25.08.2002)