Fremd Gehen. Gespräche mit meiner Freundin


Titel: Fremd Gehen. Gespräche mit meiner Freundin
Originaltitel: Fremd Gehen. Gespräche mit meiner Freundin
Land/Jahr: Deutschland, 1999
Format: 35mm, 1:1.37
Länge: 64 min

 

“Is das jetzt ernst gemeint?” war eine der vielen Fragen die in der Diskussion nach dem Film auf der Berlinale gestellt wurden. Ohne Zweifel: Der Film sorgte für Verwirrung. Annette Brauerhoch streift durch die deutschen Kasernen der US Army und freut sich daran zu spüren, daß hinter jeder Tür des Wohntrakts, ein Mann sitzt mit dem sie ficken kann: Wenn sie nur will – und sie will oft. (Man möge mir die derbe Sprache verzeihen, sie ist dem Film angemessen.) Tatsächlich sieht auch Brauerhoch selbst die Parallelen mit einem Besuch im Bordell und zwar sogar im doppelten Sinne: GI?s als die Huren der USA, als Männer die Ihren Körper verkaufen an ihren Staat um für ihn zu Kämpfen -andererseits wirkt die ganze Kaserne mit all den Soldaten auf Brauerhoch wie ein Puff. Es ist für sie ein Freudenhaus.

Ihre Selbstreflektion bleibt oberflächlich: Sie betont lediglich immer wieder die völlige Losgelöstheit von Sex und Gefühlen. Warum das so ist, kommt nicht zur Sprache. Sie thematisiert nicht, warum sie ihre soziale Überlegenheit (sie könnte im Gegensatz zu den Soldaten leicht andere Männer finden) bei gleichzeitiger physischer Unterlegenheit genießt.

Das der Film polarisiert ist logisch. Eine Frau die es genießt Männer hauptsächlich als Schwänze zu sehen! Das hat es noch selten gegeben. Gleiches Recht für alle! Frauen sind frei, Männer genauso zu behandeln wie Männer Frauen. Den einen graut es vor Sex ohne Gefühlen andere freut es. Die einen bejubeln die wirkliche Emanzipation, und andere schließen im Geiste nur die Augen und denken: So hatten ich mir die Gleichberechtigung nicht vorgestellt! So viel zur inhaltlichen Seite des Films.

Was die filmische Seite angeht, muß sich die Regisseurin Heldmann doch einiges an Kritik gefallen lassen. Der Film leidet letzten Endes an seinem Versuch, den Mangel an Bildern zu verdecken. Das Problem ist ein doppeltes: Zum einen wurde der Film im nachhinein gedreht. Er beschreibt eine Lebensphase, welche die Hauptdarstellerin zu einem guten Teil bereits erlebt hat und bemüht sich deshalb teilweise darum Szenen nachzustellen. Was dabei zu welcher Zeit spielt, scheint etwas durcheinander zu geraten: Der Zuschauer ist sich über den zeitlichen Verlauf oft nicht im klaren. Man kann spekulieren ob durch das abrücken der US Armee aus Deutschland in den 90er zusätzliche Schwierigkeiten entstanden. Zum anderen wird jeder Dokumentarfilm etwas dröge, wenn es ihm nicht gelingt Bilder zu finden die seinem Thema gerecht werden. Das können symbolische Bilder sein, es können vermitteltende Bilder sein oder es kann die direkte Darstellung des Themas sein. Aber es gilt eben doch: was ich sehe und was ich höre sollte in direktem Zusammenhang stehen. Das schafft der Film aber nur sehr mittelmäßig. Es sind einfach zu viele belanglose Einstellungen von Kasernenfassaden, Wohnungen und Zimmern die in keinem direkten Zusammenhang stehen zum Inhalt. Man fühlt sich teilweise an die Tagesschau erinnert: Man sieht dicke Limousinen, Männer in schwarzen Anzügen und Blitzlichter; was auf dem Politgipfel XY gelaufen ist hört man zwar — doch man sieht es nicht.

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Regie: Heldmann, Eva

Buch: Heldmann, Eva; Brauerhoch, Annette

Kamera: Barthold, Ulla; Goebel, Raimond

Darsteller: Brauerhoch, Annette; Walton, Daniel; Gibbs, Aaron; Etzler, Dorothea; Smith, Keith

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Text: jb2 (2002)