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Wir lieben Annette!
Eine Filmkritik von Olivia Wöstehoff. Geschichten von unglücklichen Liebenden, Entfremdung und Wundern gab es auf den Bühnen dieser Welt bereits. Doch so zart, distanziert und zugleich ergreifend wie in dem bühnenhaften Bild, in den vielen Farben und in dem tragenden Klang von „Annette“ sieht man sie selten. Die Charaktere erzählen uns in dem Eröffnungsfilm der…
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“Bufo Alvarius” – Per Kröte ins Universum
Mit Krötenschleim ins Universum. Die tschechische Dokumentation Bufo Alvarius will aufzeigen, welches spirituelle Potential in einem Stoff liegt, der chemisch ganz profan den Namen 5-MeO-DMT trägt. Überlagert von kosmischen Elektroklängen und durchsetzt mit abstrakten Formanimationen kommen Psychedelikforscher wie Stanislaf Grof, ein Bufo-Schamane, aber auch Teilnehmer*innen einer Bufo-Zeremonie im Dschungel zu Wort. Deren Meinung ist einhellig:…
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“Mulholland Drive” – Eine Welt, die sich nur mehr zu spielen vermag
Ehe David Lynch mit Inland Empire die konzentrierteste Auseinandersetzung mit Sein und Schein der Filmindustrie wagte, warf er seine Zuschauer*innen mit Mulholland Drive bereits gehörig aus allen Rezeptionsmustern. Das Psychogramm einer Schauspielerin, die es in Hollywood versucht, dort aber in die Fänge diffuser Gestalten gerät, kennt lynchtypisch viele Brüche, Handlungs- und Figurenspiegelungen. Noch exzessiver als…
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“The Irishman” oder warum Filme auf die große Leinwand gehören
Kino ist dafür da, um Emotionen und Gefühle durch eine ausgefeilte Handlung mit gut durchdachten und stark inszenierten Charakteren für den Zuschauer auf die große Leinwand zu bringen. Der neueste Film von Regielegende Martin Scorsese, das Mafia-Gangster-Epos und Netflix-Produktion „The Irishman“ beweist genau das und zeigt, dass es in Zeiten von Streaming-Portalen immer noch Filmemacher…
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Der leere Ort der Macht und die Frage der Demokratie – Suspiria von Luca Guadagnino
„Es bleibt die intellektuelle Weigerung, die Freiheit in der als »bürgerlich« definierten Demokratie, die Knechtschaft im Totalitarismus zu entdecken.“ (Claude Lefort) Claude Lefort, der französische Philosoph, wendet sich in seinem Essay „Die Frage der Demokratie“ bereits 1990 der, zurecht kritisierbaren, positivistischen Veränderung der politischen Philosophie und somit der Transformation des demokratischen Begriffs („Rationalisierung“) zu: „Wenn…
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Die Wirtgeschichten des Bong Joon-ho
Bong Joon-ho ist einer der einflussreichsten und erfolgreichsten asiatischen Regisseure unserer Zeit, so bescherte er uns bereits mit “The Host”, “Mother” und “Memories of Murder” Werke, welche erzählerisch und inszenatorisch auf hohem Niveau agieren. Sein neuester Film “Parasite” jedoch setzt seinem bisherigen Filmschaffen die Krone auf, so gewann er in diesem Jahr dafür in Cannes…
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Die zerrissene Seele eines undurchsichtigen Menschen
Man kennt diese Art von Filmen nur zu Hauf: Superhelden aus dem Hause Marvel und DC, welche immer wieder aufs Neue die Welt gegen scheinbar übermächtige Bösewichte verteidigen müssen. Ganz anders „Joker“ von Todd Philipps: dieser Film geht mehr um den psychischen Verfall eines fast einsamen Mannes als um den Werdegang einer der unberechenbarsten und…
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Die Nostalgie des Quentin Tarantino – Kritik zu “Once Upon A Time In Hollywood”
Das Quentin Tarantino ein Regisseur ist, der es gerne brutal und von der Laufzeit her sehr lange mag, wundert heutzutage keinen Filmfan mehr. Dass er aber auch detailverliebt ist, beweist er mit seinem aktuellsten Werk, welches man ein weiteres Mal als Meisterstück von ihm bezeichnen kann: „Once Upon A Time In Hollywood“. Hollywood, 1969.…
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Kafkaesker Egoshooter | SUNSET – Dir. László Nemes
[ KINOSTART ] Der neue, erst zweite Spielfilm des Oscarpreisträgers László Nemes kommt nun auch auf deutsche Leinwände: In drückend sommerlicher k.u.k.-Atmosphäre folgt Sunset (Napszállta) einer jungen Dame auf ihrer mysteriösen Vergangenheitssuche in einem Budapest, das bereits den Abgrund am Horizont dämmern sieht. Mit seinem Debutfilm Son of Saul (Saul fía) avancierte László Nemes während…
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So schön seltsam: “Ich war zuhause, aber”
Ich hatte keine Ahnung, was mich erwarten würde, als ich morgens um halb zehn in den Friedrichstadt-Palast stolperte, um mir den deutschen Wettbewerbsbeitrag Ich war zuhause, aber anzusehen. Ich wusste nur, es geht um einen Jungen, der zurück nach Hause kommt, nachdem er eine Woche lang als vermisst gegolten hatte. Und dass irgendwie alles komisch…
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I’m gay and I’m your son – Rezension zu “Der verlorene Sohn”
Filme über die katholische Kirche kennen wir zu genüge – nicht erst seit Hitchcocks legendärem „Ich beichte“, in dem ein von Montgomery Clift verkörperter Priester in einen Mordfall verstrickt wird. In der heutigen Gesellschaft gibt es immer vermehrt Themen, die uns – egal ob als Studenten, Berufstätige oder Privatpersonen und auch im Zusammenhang mit der…
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Heist oder nicht Heist? – Steve McQueens Widows
Mit Widows kehrt der Brite Steve McQueen fünf Jahre nach 12 Years a Slave wieder in den Regiestuhl zurück. Dabei könnte das Setting sich kaum stärker von seinem im Jahr 2014 mit dem Oscar für den besten Film prämierten Werk unterscheiden. Nach seinem Historienepos, in dem er sich mit der Geschichte der Sklaverei in den…
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Roma – Ein Liebesbrief
Alfonso Cuaróns Kamera könnte auch in seinem neuesten Werk Roma bedenkenlos für die beste Hauptrolle nominiert werden. Und das nicht etwa, weil die Schauspieler und vor allem die Hauptdarstellerin Yalitza Aparicio nicht hervorragend wären, sondern weil es die intelligente Kameraführung ist, die es Cuarón erlaubt diese kleine persönliche Geschichte einer zerrütteten Familie in Mexico-Stadt der 70er…
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Grave of the Fireflies (Die letzten Glühwürmchen)
Having watched Grave of the Fireflies for the third time yesterday, I found myself deep in thought on my way to work early this morning, which in itself is highly unusual and slightly confusing. My thoughts kept circling back to the story of Saita and Setsuko, two siblings struggling to survive the horrors that dominated…
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Kurzkritiken der Woche (5)
aka-Filme Wenn die Gondeln Trauer tragen – Religiöse Propaganda „Wir schauen nur, aber wir sehen nicht“ – dieser Satz von Andrei Tarkowski hallt auch heute noch jedem Filmkritiker durch den Kopf, der den Film aus einer gesellschaftskritischen Sicht analysiert und die Ideologie dahinter freilegen will. Der Filmtitel „Don’t Look Now“ lässt sich als direkte Anspielung…