Burn After Reading


(USA 2008, 96 min, 35mm, 1:1.85)

 

Burn after reading – Wer verbrennt sich hier die Finger?

Die Problemstellungen des Films: der Kalte Krieg ist vorbei, in der CIA herrscht eine Stimmung, die irgendwo zwischen Langeweile und Lethargie zu situieren ist, physischen Idealbildern will nachgeeifert werden, Monogamie funktioniert nicht, Partner werden nur noch virtuell gesucht, Depression und Sucht sind Bestandteil der Gesellschaft, Gewalt und Erpressung kann auch gutsituierte Bürger überwältigen, die Menschen sind verblödet.

Das Ganze darf allerdings nicht ernst genommen werden und will es selbst auch nicht – der original Untertitel des Films lautet denn auch „Intelligence is relative“. Es scheint, der Spaß am Typenkonstruieren sei oberstes Gebot gewesen in „Burn after reading“ von Joel und Ethan Coen. Es ist der letzte Teil der „Idioten-Trilogie“, zu denen auch „O Brother, where art thou?“ und „Ein (un)möglicher Härtefall“ gehören – welche alle Clooney gewidmet sind.

Es handelt sich zwar nicht um eine Charakterstudie per se, dennoch ist es ein Charakterfilm im wahrsten Sinne des Wortes. Die Rollen wurden George Clooney, Frances McDormand, Brad Pitt und John Malkovich von den beiden Autoren auf den Leib geschrieben. Am Anfang war also nicht das Wort, sondern der Charakter:

Osbourne Cox (Malkovich) ist der depressive (der Bademantel ist untrügliches Zeichen der psychisch Labilen im Film), alkoholkranke, ex-CIA-Mitarbeiter, dessen Memoiren auf unglückliche Weise im Fitnessstudio „Hardbodies“ in die Hände von Linda und Chad gelangen. Linda Litzke (McDormand), unzufrieden mit ihrem Körperbau, der nicht in Einklang zu bringen scheint mit dem Namen des Fitnessstudios, würde für eine „Verschönerung“ alles geben. Pitt spielt ihren naiven, etwas beschränkten Kollegen und Kumpel, den Fitnessjunkie Chad Feldheimer. Womanizer Harry Pfarrer (Clooney) huscht von einer Geliebten zur anderen und will seine Ehefrau mit einer Überraschung der ganz besonderen Art erfreuen. Katie Cox (Tilda Swinton) ist seine Langzeitgeliebte und gefühlskalte Frau von Osbourne.

Linda und Chad – überzeugt vom brisanten Inhalt der CD – wollen aus dem „Geheim-Scheiß“ Kapital schlagen und Osbourne erpressen. Wenn sich die Lebensläufe der einzelnen Personen unentrinnbar miteinander verweben und die etwas dümmlichen Charaktere immer tiefer in die Erpressergeschichte versinken, passiert dies auf so Coen-typische Weise, dass man an den düstereren „Fargo“ erinnert wird, in dem es für die Protagonisten, einmal in der Geschichte verheddert, ebenfalls keinen Ausweg mehr geben kann. So wird die Story durch die Handlungen der Protagonisten und der daraus entstehenden Missverständnisse aufgeblasen und eigentlich steckt absolut nichts dahinter, kein tiefgründiges Wissen, nichts…

Inmitten der ganzen Verwirrungen und falschen Annahmen bleibt einem, in den Worten des CIA-Vorgesetzten, nicht anderes zu sagen als „Also niemand weiß eigentlich, um was es geht und was wer gegen den anderen in der Hand hat.“ Genau, denn alle sind “Teil einer Verschwörung von Verblödeten“, so Malkovich mit der ihm so eigentümlich ruhigen und intellektuellen Stimme.

Die Charakterdarstellungen können als Spiel mit den von Medien aufgebauten und beim Publikum festgefahrenen Bildern der Idealisierung der beteiligten Schauspieler bestaunt werden. Alle machen sich hier gerne zum Affen und schmunzelnd amüsiert genießt man die Menschlichkeit dieser sympathischen Tollpatsche auf der Leinwand. Viel mehr Sinn sollte man wohl nicht hinein interpretieren.

 

Text: Jennifer Borrmann, 04.10.2008

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