What Just Happened?
(USA 2008, 107 min, 35mm, 1:1.85)
Hollywood – Behind the scenes: Schon das Buch “What just happened? – Bitter Hollywood Tales from the Front Line” verschaffte einen amüsanten und ironisch kommentierten Einblick hinter die Kulissen Tinsel Towns. Das Ganze kommt aus erster Hand, von einem Fachmann und Kenner: dem Produzenten Art Linson. Zu seinen größten Erfolgen zählen „Heat“, „Fight Club“ und „Into the Wild“ – von den Misserfolgen haben die wenigsten von uns gehört, welchen Umstand Linson sarkastisch betont.
Der Film erzählt kleine Anekdoten aus dem Reich der Filmproduktionen und begleitet den Produzenten Ben (Robert de Niro), der Art Linson nachempfunden ist, einige Tage bei der Arbeit. Wir erleben gemeinsam mit ihm mehrere Filmproduktionen in jeweils unterschiedlichen Entwicklungsstadien. Das Testscreening von „Fiercely“ mit Sean Penn, dessen Ende ein wenig zu tief unter die Gürtellinie geht – das Publikum ist geschockt. Während Ben mit den Umfragebögen im Auto sitzt erklingt „Spiel mir das Lied vom Tod“. „Fiercely“-Regisseur (Michael Wincott) – als stereotyper Künstler empfindsam und labil – wird durch Produzenten, Studioexecutives und Marketingstrategien an der Erfüllung seines Herzblutes gehindert: Der Film muss umgeschnitten werden, bevor er in Cannes laufen darf. Diese Kränkung und die Ben vorgeworfene Produzenten-Kaltblütigkeit will jedoch gerächt werden… vielleicht bei den Filmfestspielen?
Auf einem anderen Set überrascht Bruce Willis (im Buch war es noch Alec Baldwin) – mit sichtlich viel Freude gespielt – als erfolgsverwöhnter und arroganter Schauspieler. Er taucht plötzlich mit ein paar Kilos mehr und Vollbart auf, so dass der Film ins Wanken gerät. Die Geldgeber wollen keinen Film finanzieren, wenn der Hauptdarsteller nicht wie ein Hauptdarsteller aussieht. Der Regisseur weiß sich nicht zu helfen und Willis’ Agent bekommt schon ein Magengeschwür, wenn er nur daran denkt, Willis sagen zu müssen, dass der Bart ab muss. Die Konsequenz kann sehr schnell den Verlust seines besten Klienten bedeuten. Und alles dies muss Ben als Produzent arrangieren, übersehen, die Fäden in der Hand halten.
Ein Besuch bei Studioexecutive Lou (Catherine Keener) wird visuell bereits als geldgieriges Unternehmen dargestellt. Was im Buch noch ein kalt und monoton aussehendes Riesenunternehmen war, in dem Rupert Murdoch sitzt und über Fox regiert, ist im Film einem klar und modern designten Office gewichen, an dessen Wand ein Kinoplakat hängt. Nirgends steht jedoch der Titel des Films, geschweige denn die Namen der Schauspieler. Lediglich eine enorme Summe ziert in riesigen Ziffern das Plakat: die Einspielergebnisse.
Hollywood wäre nicht Hollywood, wenn man nicht auf sein Äußeres achten würde: graue Haare werden akribisch nachgefärbt, es wird gelächelt, auch wenn einem nicht danach ist, man schüttelt sich höflich die Hand, usw. Aber auch hinter der Fassade des Scheins weiß man eigentlich, wie schnell sich das Blatt wenden kann und dann auch kein Lächeln mehr hilft.
Leider gingen im Film viele Details verloren, die im Buch in einer Art Hass-Liebe zu Hollywood erzählt wurden. Wer das Buch gelesen hat, wird sich am Film dennoch erfreuen, denn man kann praktisch den Entstehungsprozess des Films mitsehen und -erleben. Der voyeuristische Blick hinter die Kulissen des Filmgeschäfts macht zugegebener Spaß. Auch Linsons Freund de Niro bei der Verkörperung des Produzenten, der einem ganz und gar nicht unsympathisch erscheint – man hat eher Mitleid mit dem Multitaskingtalent, zuzuschauen ist amüsant. Da Linson im Buch weder Namen noch sonst etwas geändert hatte, war die Konsequenz klar: In einem Interview antwortet er auf die Frage, wie seine Publikation bei Fox ankam: „Put it this way. I’ve never produced another movie at Fox.“
Text: Jennifer Borrmann, 27.03.2009