Die neunziger Jahre sind vorbei!
Robert Axle. Ein Name wie ein Fingerabdruck für eine amerikanische Filmfigur, schon allein wegen der klanglichen Nähe seines Nachnamens zu einem allseits bekannten Schimpfwort. Passend dazu wird dieser Axle – wie übrigens bemerkenswert viele Charaktere auf dieser Berlinale – zu Filmbeginn als zerzauster Träger einer unordentlichen Langhaarfrisur aus dem Knast entlassen, weil ihn seine Funktion als Vater zahlreicher Erfindungen nicht vor deren schlampigen Ausarbeitungen und dadurch entstehenden schweren Unfällen zahlender Kunden gerettet hat. Wieder in Freiheit will der übrigens vom legendären Kevin Spacey gespielte Axle mit einer neuen Erfindung ins Geschäft zurückkehren und alle Verkaufsrekorde sprengen: nach dem vor zehn Jahre erfundenen Luftschneidegerät soll die Kinderleine mit integriertem mp3-Player und Kompass so richtig abräumen.
Das wird auf der Leinwand leider genauso albern und bescheuert umgesetzt, wie es schon in dieser Beschreibung klingt. Alles, was den Humor dieses Films hätte retten können, wären Brüche, Überraschungen oder Boshaftigkeiten gewesen, doch stattdessen geht Nachwuchsregisseur Trent Cooper nach dem Standardmuster einer Hollywood-Komödie der 90er Jahre vor. Man sieht zwar offiziell die Geschichte eines vorübergehend obdach- und mittellosen Mannes, doch tatsächlich werden die Bilder des Films von schönen Menschen undtypisch amerikanischen Häusern mit Vorgärten geprägt. Die Gags selbst setzen auf pubertäre Knall- und Slapstickeffekte, sind oft vorhersehbar, immer albern und nie geistreich.
Obwohl hier unübersehbar ein Verriss seinen Lauf nimmt, ist anerkennend anzumerken, dass zumindest die routinierten Schauspieler alles tun um einen Totalcrash dieser harmlosen Klamotte zu vermeiden: Kevin Spacey spult gekonnt Wutausbrüche und verrückte Ideen wie in besten „American Beauty“-Zeiten ab, Virginia Madsen mimt hingebungsvoll die neurotische Exfrau, Johnny Knoxville spielt als Supermarktleiter und renitenter Krückenpatient mit seinem „Jackass“-Image und Heather Graham wagt den Sprung von der Vorzeige-Schönheit aus zur Kampflesbe. Was aus dem Film ohne ihre professionelle Inspiration geworden wäre, ist nicht auszudenken und so soll es das an positiven Seiten hier auch leider gewesen sein.
Regisseur Coopers vollmundige Behauptung, „The Father of Invention“ habe sich an alten Filmen, wie Wilders „Das Appartment“ orientiert kann man wahlweise ins Reich der Übertreibung, des Unwissens oder des Größenwahns verweisen. Herausgekommen ist vielmehr ein Werk, dass versucht einen Erfinder, dessen Erfindungen von modernen Entwicklungen überflüssig gemacht wurden, zu ironisieren, wobei zu fragen ist, ob Cooper nicht selbst Züge eines solchen Erfinders trägt. Denn sein Film bedient sich vorne bis hinten die Stilmittel zahlreicher Genre-Komödien aus den 90er Jahren und ignoriert konsequent, dass diese Standards von neueren Komödien – unter ihnen ironischerweise auch der Spacey-Hit „American Beauty“ längst überholt worden sind.
Text: Martin Koch, 16.02.2010 – Berlinale’10