2003 – Berlinale


26. Kinderfilmfest der Berlinale

Berlin, 07.02 – 16.02.2003

Der beste Weg einen Berlinaletag zu beginnen ist ein schöner Kinderfilm. Als Student fühlt man sich plötzlich alt und reif zwischen all den kleinen und lebhaften Kindern – selbst wenn man kein ewiger ist. Es wäre schön, wenn solche Kinderfilme auch den Weg ins Kinderprogramm der Fernsehsender finden würden. Sie sind kindgerecht und dennoch anspruchsvoll … auch als Erwachsener läßt man sich gerne von ihnen verzaubern. Am stärksten vertreten waren Kinderfilme aus Skandinavien. Schon seit Jahren zählen sie zu den Besten der Welt. Hier die Kurzzusammenfassungen.

  • Nenn mich einfach Aksel

Dänischer Film über Aksel, der gerne ein Moslem sein will, weil Moslems verdammt cool sind. Ein wunderbarer Film, der das schwierige Thema „Muslimische Einwanderer in westlichen Gesellschaften“ sehr gut meistert. Mit dem Islam und den unterschiedlichen Wertvorstellungen wird fair umgegangen, es wird Interesse und Verständnis geweckt. Gerade in der heutigen Zeit und in unserem Land wäre dieser Film empfehlenswert. Auch für die „Großen“.

  • Elina

Schwedischer Film über das Mädchen Elina, welches in den 50ern als Mitglied der finnischen Minderheit Probleme mit ihrer Lehrerin hat. Ein wunderbarer Film darüber, daß auch Kinder Charakter und Persönlichkeit haben die respektiert werden wollen und nicht einfach umerzogen oder gebrochen werden können. Besonders beeindruckend war die junge Hauptdarstellerin, die nicht nur überragende schauspielerische Leistungen vollbringt, sondern auch schwedisch, finnisch und englisch fließend spricht.

  • Pelle Politibil

Norwegischer Film über ein kleines Mädchen dem das neue Fahrrad geklaut wird und das unerwartete Hilfe von einem sprechenden Polizeiauto bekommt. Sicherlich der Film mit jüngsten Zielgruppe unter den vorgestellten, dennoch niemals langweilig oder kindisch. Stattdessen gute, gewaltfreie Unterhaltung.

  • Hotel Hibiscus

Ein japanischer Sommerfilm der auf der Insel Okinawa spielt. Wenn der Film etwas langweilig und „japanisch“ erscheint, so sicher deswegen, daß man zu alt geworden ist, die kleinen Dinge des Alltags als Abenteuer und Wunder zu begreifen. Liegt vielleicht auch daran, daß der Regisseur uns seine Heimat Okinawa näherbringen möchte und wir doch wenig über sie wissen.

Text: dw, 07.03.2003

 

 

 

Asiatische Filme im 33. Internationalen Forum des Jungen Films der Berlinale

Berlin, 07.02 – 16.02.2003

Auch dieses Jahr war das ostasiatische Kino wieder stark vertreten und konnte mit einigen Meisterwerken aufwarten. Zur Freude der Zuschauer wurden auch einige Klassiker der Shaw-Brothers in ihrer neu restaurierten Kinoversion gezeigt. Im folgenden nun einige Rezensionen zu Filmen aus Korea, Hongkong und Japan

KOREA

 

  • Mil-Ae

Melodram über eine Frau die von ihrem Mann betrogen wurde, mit ihm aufs Land zieht und dort eine leidenschaftliche Affäre mit einem Arzt beginnt. Wunderschöner Genrefilm, nach einer Buchvorlage. Buch und Film sind jeweils einer Frau zu verdanken. Die Regisseurin des Films war zugegen und beantwortete Fragen zu ihrem Werk.

 

HONGKONG

 

  • Chinese Odyssey 2002

Witzige Komödie, welche das Hongkong Kino im allgemeinen und klassische Kung-Fu-Filme im besonderen aufs Korn nimmt. Im Stile von „Nackte Kanone“, allerdings auf höherem Niveau. Wird erst dann richtig interessant, wenn man genug Hongkong Filme gesehen hat – sonst bleibt der Film unverständlich. Sehr empfehlenswert in Verbindung mit den Shaw-Brothers Filmen. Produziert von Wong Kar-Wai mit Tony Leung, Faye Wong, Vicky Zhao und Chang Chen. Für Kenner ein Spitzenfilm.

 

 

  • Infernal Affairs

Heißer Polizei-Gangster-Thriller über Maulwürfe im gegnerischen Lager. Tony Leung wurde als Polizist bei den Triaden eingeschleust, Andy Lau als Spitzel bei der Polizei. Bei einer Razzia kommt heraus das auf beiden Seiten ein Maulwurf sitzt. Beide sollen sich selbst jagen und müssen den jeweils anderen zuerst entlarven. Spannender Zweikampf und Charakterstudie mit zwei der besten Darsteller Hongkongs. Nervenkitzel bis zur letzten Minute.

 

 

  • PTU

Neuer Film von Jonny To. Allerdings kein Action-Reißer für die Kasse, sondern mit den Worten des Regisseurs: „This is my exercise“. Der Film handelt von einem Polizisten der seine Dienstwaffe verliert und sie wiederfinden muß – die Ereignisse einer einzigen Nacht.

 

 

  • The Kingdom and the Beauty

Restaurierte Kino-Oper von 1959. Der junge Kaiser verliebt sich in Nanking in eine schöne Wirtshaustochter und schwängert sie. Dann muß er nach Peking zurückkehren und vergißt sie und alle Versprechen sie zu ehelichen. Sie bleibt treu und wartet. Schwer krank macht sie sich am Ende auf den Weg und stirbt vor dem Palast in seinen Armen. Eine der Vorlagen für Chinese Odyssey 2002 und endlich mal eine gute Erklärung warum in chinesischen Komödien immer so gerne gesungen wird. Hier folgt ein Lied auf das nächste. Und die sind peppig.

 

 

  • Come drink with me

Ein Klassiker des Kung-Fu-Films von 1966. Einer der ersten und besten des Genres. Damals war Cheng Pei Pei noch jung und hübsch. Gute Szenen und kreative Einfälle, großartige darstellerische Leistung von Cheng Pei Pei.

 

JAPAN

 

  • Koufuku no kane

Japanischer Film über einen Arbeiter, der durch das in der Rezession befindliche Japan läuft. Allerei Dinge passieren ihm, alle sind recht skurril. Am Ende geht der den selben Weg wieder zurück und kommt zuhause in der heilen Welt der Kleinfamilie an. Ein ruhiger und langsamer Film, der sich viel Zeit für die einzelnen Bilder nimmt. Der Hauptdarsteller spricht während des ganzen Filmes kein einziges Wort. Die Wende am Schluß ist überraschend und erfrischend.

 

 

  • Border Line

Ein typisch japanischer Film über die üblichen sozialen Probleme in Japan. Wer solche Filme mag, der mochte den Film. Wer solche Filme nicht mag der mochte ihn eben nicht. Ich mochte ihn nicht. Zu langweilig, männliche Japaner verhalten sich im Film mal wieder total kindisch und klischeehaft – entweder sie reden die ganze Zeit Blödsinn, oder sie machen das Maul nicht auf. Da es sich um das Erstlingswerk des Regisseurs handelte, sollte man aber auch nicht zu hart sein.

 

Text: dw, 07.03.2003

 

 

 

Pressekonferenz zu “Solaris”

Berlin, 07.02 – 16.02.2003

Anwesend: Steven Sonderbergh, George Clooney, Natascha Mc Elhone, und Ulrich Tukur

 

  • Weshalb ist das Ende des Films so überraschend heiter?

Sonderbergh: Die Art des Endes ist ähnlich wie in der Vorlage von Lem. Der Unterschied ist der, dass die Schlussszene mit der Frau endet anstelle mit dem Vater.

 

 

  • Wie war die Zusammenarbeit mit Herrn Sonderbergh?

Clooney: Ich arbeite immer gerne mit Steven, wann immer er will. Bei ihm findet die Evolution des Filmes statt. Es ist eine Herausforderung zu spielen, wenn man nicht weiß, was auf einen zukommt. Auch gibt es immer freies Essen (schmunzelt)

 

 

  • Welches war der Höhepunkt Ihrer Karriere?

Clooney: „Batman und Robin“ war Gipfel meiner Karriere. Es machte irre Spaß, war eine großartige Zeit.

 

 

  • Gefühle oder Kopf? Glauben Sie an Gott?

Tukur: Ich glaube an meine Gefühle, an Gott glaube ich nicht.

 

Clooney: Ich bin katholisch erzogen, weiß nicht, was ich glaube. Glaube an das Individuelle, ohne zu wissen, ob das Gott ist. Glaube an Natascha. Mc Elhone: Ich glaube nicht an Gott. Sonderbergh: Ich will versuchen, zwischen Kopf und Gefühl zu wechseln. Ansonsten glaube ich an die Kunst: Das ist meine Religion, die mich glücklich macht.

 

 

  • Herr Clooney, Ihr nächstes Projekt wird sehr spannend?

Clooney: Es ist nahe an „Oceans eleven“, ich las das Drehbuch. Es wird ein großartiger Film werden.

 

 

  • Wie sieht es aus mit dem Ende von Solaris? Liegt es näher an „2001“ als an Tarkowskis Vorlage?

Sonderbergh: In das Kostümdesign wollte ich mich nie einmischen. Dies ist die Kunst von Marlene (der Kostümbildnerin).

 

 

  • Herr Tukur, wie war die Zusammenarbeit?

Tukur: Ein Riesenvergnügen. Bin froh, dass ich mitmachen konnte. Schade natürlich, dass ich als Leiche eingeführt wurde (lacht). Es war sehr spannend für mich, das System Hollywoods kennen zulernen. Wie man dort mit den Schauspielern arbeitet und das Geheimnis der Eleganz. In diesen sieben Drehtagen konnte ich viel lernen.

 

 

  • Herr Clooney. Easy going und ihren Humor – die Seiten kennen wir. Haben Sie in Ihrem Leben auch Interesse an der Philosophie, die im Film verkörpert wird? Lesen Sie Gedichte?

Clooney: Vor sieben Jahren las ich ein Buch, ich weiß nicht mehr, worüber es handelte. Irgendwas mit Kindern, einer Insel und Fliegen…(Gelächter im Publikum). Als Schauspieler bekommt man solche Fragen nicht gestellt. Ich weiß nicht, wie ich meinen Intellekt verteidigen soll.

 

 

  • Wie ist Ihr Sinn für Humor? Manche betrinken sich…

Clooney: Ja, ich betrinke mich. Früher spielte ich Basketball, bis ich meinen Fußknöchel brach. Vielleicht sollte ich lesen?

 

 

  • Weshalb sind Sie seit zehn Jahren nicht verheiratet? Hat es Vorteile, der Mann mit dem größten Sex-Appeal zu sein?

Clooney: Wohin geht unser Leben ohne Zuhause? Ich werde heute Abend heiraten.

 

 

  • Was hat sie an der Buchvorlage von Lem so fasziniert?

Clooney: Fragen Sie Steve, es war seine Idee. Sonderbergh: Die Erinnerung daran, dass Lems Idee mit dem externen Gehirn genial ist. Gegen Ende der Dreharbeiten erkannte ich, dass ich mit dem Film den Tod meines Vaters verarbeitet hatte, der 1988 ohne Abschied plötzlich verstarb. Weshalb „Solaris“ mich so faszinierte, kann ich nicht genau benennen. Man arbeitet total mit dem Instinkt; es ist manchmal schwierig, die Beweggründe intellektuell zu erfassen.

 

 

  • Wie genau ist die Zusammenarbeit mit Sonderbergh? Was lernt man daraus?

Clooney. Steven versteht vorzüglich, die Emotionen zu extrahieren.

 

 

  • Das Motto dieser Berlinale lautet „towards tolerance“. Wie passt dieser Film zu dem Motto?

Clooney: Auf diesen Film bin ich sehr stolz. ER zeigt die Verrücktheiten der Welt auf. Filme mit seltsamer Aktion sprechen mich an, beispielsweise „3 kings“ oder „Dr. Strangelove“.

 

 

  • „Solaris“ fand ich langweilig.

Clooney: Du verdienst, als Ratte aufzuwachen, jerk! Möchte dich mal Filme drehen sehen.

 

 

  • Welches war der schwierigste Aspekt beim Schreiben des screenplay? Was sollen die Zuschauer mitnehmen?

Sonderbergh: Ich wollte mich auf die Beziehung konzentrieren, das Dilemma der Frau zu ihrem Mann aufzeigen, was in der ersten Verfilmung nicht vorkommt. Wichtig war mir auch das offene Ende.

 

 

  • Der Film sieht wirklich optisch wie ein Science Fiction Film aus. Ist dem aber so? Wie viel Sci-fi findet im Film statt? Und wie viel im Buch von Lem?

Sonderbergh: Der Film ist nicht wirklich daran interessiert, wie die Zukunft sein wird, sondern wie sie sich anfühlt. Also dieses isolierte Gefühl. Es ist meines Erachtens aber schwierig, den Film auf ein image zu reduzieren.

 

 

  • Wird der Film in Europa erfolgreicher sein, als in den USA?

Sonderbergh: Man muss damit rechnen, dass die Leute eine sehr gespaltene Meinung bilden. Die Leute denken, in Europa und Japan wird er einen höheren Erfolg erzielen. Den Menschen hier ist er vielleicht zu amerikanisch und den Menschen dort zu europäisch. McElhone: Für Kritik bin ich sehr offen. Wichtig ist die Provokation. Zu sagen der Film sei langweilig hängt von der Sicht des Betrachters ab.

 

 

  • Man spürt eine wundervolle jungfräuliche Haltung der Schauspieler gegenüber „Solaris“…

Clooney: Das Vertrauen ist das Wichtigste. Tukur: Habe mich mit einem Video vorgestellt und sollte drei Wochen darauf in L.A. erscheinen, was eigentlich nicht möglich war. Habe extra meinen Hund gefilmt und gesungen, damit ich von vorneherein nicht genommen werde. Denn es würden zu viele Aufträge abgebrochen werden. Die positive Stimmung hat viel Spaß gemacht. Die Chemie zwischen Clooney und Sonderbergh ist einzigartig. So traut man sich Dinge, die unter deutschem Druck nie entstehen könnten.

 

 

  • Hatten Sie je Kontakt zu Lem, Herr Sonderbergh?

Sonderbergh: Nein, keinerlei Kontakt. Lems Haltung zum Kino war sehr schlecht, er hatte anscheinend zehn Jahre keinen Film mehr angesehen. Man versucht, etwas aus der Vorlage zu machen, was individuell ist, ein gutes Beispiel hierfür ist Jimy Hendrix’ Version des songs von Bob Dylan.

 

Text: Rita Hagenlocher, 03.03.2003

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