Nur gut aussehen reicht nicht


David Lynchs Dune – Der Wüstenplanet aus dem Jahr 1984 fand ich ebenso faszinierend wie auch kryptisch. Mehrfach habe ich ihn mir als Jugendliche angesehen – und ihn nicht verstanden. Konnte ich auch gar nicht. Das haben mir jetzt mehrfach Leute bestätigt, die das Buch gelesen haben. Ich muss allerdings dazusagen: Das Nichtverstehen hat auch einen gewissen Reiz ausgemacht. Lynch soll ja im Übrigen selbst sehr unzufrieden mit dem Ergebnis gewesen sein. Und auch die Kritiken damals waren vernichtend.

Dann kam das Remake – oder Plagiat? – 2021 von Denis Villeneuve. Ich hatte mich wirklich auf den Film gefreut, habe der pandemiebedingten mehrfach verschobenen Kinopremiere entgegegengefiebert. Der Trailer war verheißungsvoll und sah gut aus; das Kinoerlebnis versprach, spannend zu werden, die Besetzung war top. Die Prepremiere in der Freiburger Harmonie dann jedoch war umso enttäuschender, obwohl ich mir die deutsche Synchro – die nicht besonders vielversprechend zu sein scheint – mit der OmU Version erspart habe. Nicht nur, dass der Film mit 155 Minuten – musste Villeneuve eigentlich auf-Teufel-komm-raus die gut zweistündige Version Lynchs unbedingt noch toppen?! – einfach zu lang war. Mehr erzählt wird ja trotz extremer Überlänge nicht, denn Auslassungen sind Standard bei Buchverfilmungen. Vieles wird stattdessen immer und immer wieder wiederholt, bis auch der/die letzte Zuschauer*in den komplexen Plot verstanden hat, oder wird unnötig ausgeschmückt. Ich habe mich gelangweilt. Als der Titel auf der Leinwand erschien, wollte ich es zunächst nicht wahrhaben, dass der Streifen lediglich der erste Teil von weiß-ich-wievielen ist. Gähn.

Stumpf setzt Denis Villeneuve einige Szenen eins zu eins genauso um wie das wahrscheinlich bekannteste – und in mancher Augen ebenso zweifelhafte – Vorbild von David Lynch, das zum Kultfilm avancierte. Zugegeben: die Handschrift Villeneuves ist einzigartig. Die sieht mensch dem Film an. Die schwebenden, abgerundeten Raumschiffe erinnern an Arrival, sein 2016 erschienenes Werk; der ätherische, blasse und fragile Protagonist Timothée Chalamet passt zu Villeneuves Stil. Und auch die koloniale und imperiale Komponente kommt vermeintlich kritisch auch klar und gut zur Geltung. Deutlicher als in Lynchs Film wird hier betont, dass es um die Gier des globalen Nordens nach Rohstoffen im globalen Süden geht. Dazu kommt noch die recht banale und oft zitierte Auserwähltenstory um den vermeintlichen „Messias“ Paul Atreides.

Im Plagiieren hat Villeneuve Übung: schon der 2017 erschienene Blade Runner 2049 konnte mit keiner innovativen Idee aufwarten. Harrison Ford mit seinen über 70 Jahren habe ich den Actionhelden nicht mehr abgekauft. Für die letzen beiden Produktionen aus Denis Villeneuves Feder war aus meiner Sicht aufgrund langer Actionszenen, die die Handlung null voran- und mich eher raus aufs Kinoklo trieben und wegen des durchschnittlichen, pathetischen Spiels eines steifen Hauptdarstellers Langeweile vorprogrammiert. Das größte Manko ist aus meiner Sicht jedoch diese Erklärungswut: Alles, wirklich alles muss bis ins Detail doppelt und dreifach klargestellt werden. Es gibt keinerlei offene Fragen; kein Rätselraten um Androidinnen, Einhörner, Fremen oder was-auch-immer. Die Situationskomik und Skurrilität eines Sting mit wirrer Mähne und irrem Blick; eines im wörtlichen Sinne frühreifen, sowohl weisen als auch grausamen Kindes mit Burka und übersinnlichen Fähigkeiten; eines fliegenden fetten Mannes mit Stöpseln in der Brust und schwarzem Lebenssaft ist komplett flöten gegangen. Der denkbar einfallslose Schlusssatz „..und das ist erst der Anfang“ hat bei mir lediglich Augenrollen und Fremdschämen verursacht, gepaart mit der Erleichterung, dass es nun endlich vorbei ist. Das macht bei mir nicht unbedingt Lust, weitere Teile zu sehen. Das als „Cliffhanger“ zu bezeichnen, ist gelinde gesagt Übertreibung. Die flachen Charaktere, wie der völlig unnötige Sidekick des Protagonisten namens Duncan Idaho; der Pseudotiefsinn, der Pathos – das alles ist einfach nur nervig. Die Kritiken aus der Community sind überschwänglich, dabei ist das, was wir hier zu sehen bekommen, lediglich Popcornkino. Klar, wir sehen schöne Bilder auf großer Leinwand plus bombastischen Sound. Jedes einzelne ein „Sci-Fi-Gemälde“ (Cinema Strikes Back), aber von einem „Meisterwerk“ zu sprechen – nein, ganz klar nein.

Der Film wird meinen Ansprüchen an gut gemachtes Kino nicht gerecht. Es ist ein Blockbuster, der schön aussieht und streckenweise sogar auch unterhält. Nicht mehr und nicht weniger. Sowohl für Hauptdarsteller*innen als auch Film gilt darum: Gut aussehen alleine reicht halt einfach nicht.


Eine Filmkritik von Meike Bischoff.


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