Neues aus Deutschen Landen


Hühnergegacker und verbrennendes Geld

Neues aus Deutschen Landen gibt es viel zu sehen, hier bei den 57. Internationalen Filmfestspielen, die Sektionen “Perspektive Deutsches Kino” und “German Cinema” befassen sich jeweils mit möglichen Trendsettern für die kommende Saison und mit bereits gut gelaufenen Filmen aus dem deutschsprachigen Raum, die für den internationalen Markt interessant sein können.

An dieser Stelle möchte ich kurz auf Sven Taddickens Film “Emmas Glück” aus der Sektion “German Cinema” eingehen, der draußen auf dem Land spielt und die Geschichte der einsiedlerischen Emma (Jördis Triebel) erzählt, die den Hof ihres Vaters übernommen hat, der selbst schon kaum Kontakt zum nahe gelegenen Dorf pflegte. Emma hat alles – sie lebt mit ihren Schweinen, die sie liebevoll tötet und selbst schlachtet und verkauft. Außerdem hat Emma ihr klappriges Moped mit der herrlichen Unwucht im Schwungrad, welche den Sattel so schön vibrieren lässt – also was soll sie mit einem Mann? Trotzdem versucht es der Dorfpolizist Henner (Hinnerk Schönemann) immer wieder, da er um Emmas prekäre finanzielle Situation weiß, die sie bald dazu zwingen wird Hof und Vieh zu verkaufen, um die drohende Pfändung abzuwenden. Aber Emma zeigt sich standhaft, uneinsichtig und selbstbewusst. Trotzdem beschert ihr das Schicksal einen Mann, der sich eigentlich mit einem gestohlenen Auto umbringen wollte, dann aber quasi in ihrem Misthaufen landet. Nun fangen die Probleme aber erst an, denn zunächst knallen zwei völlig gegensätzliche Menschen aufeinander und auch Max (Jürgen Vogel) muss sich gegenüber seinem besten Freund Hans (Martin Feifel) verantworten, dem er Auto samt Schwarzgeld-Ersparnisse geklaut hat.

Wer eine rustikale Bauernhofgeschichte und Liebe in Gummistiefeln zwischen Schweinemief und Hahnengeschrei sehen will, der sollte sich diesen Film unbedingt ansehen.

Familienurlaub am See…

Eine weitere zunächst scheinbare Idylle zeigt der Film “Sommer ’04 an der Schlei” von Stefan Krohmer. André (Peter Davor) ist 15 Jahre alt und fährt mit seinen Eltern und seiner neuen (ersten) Freundin Livia, die mit 12 bereits frühreif und recht aufgeschlossen gegenüber “neuen Kontakten” ist, an die Ostsee. Zunächst sieht alles nach einer perfekten Romanze sowohl für Eltern wie auch die Jugendlichen aus. Allerdings mischt sich bald Bill (Robert Seeliger) in das Geschehen ein, den Livia kurzerhand in die traute Familiengesellschaft einlädt. Schon bald zeigt Livia Bill ihre wahren Absichten, aber der ist nur auf eine platonische Freundschaft mit der Minderjährigen aus. Andrés Mutter Miriam (Martina Gedeck) fühlt sich für Livia verantwortlich und will diese von Bill zurückholen, mit dem Livia eigentlich die Nacht verbringen wollte. Vorwurfsvoll redet sie Bill ins Gewissen, nichts mit Livia anzufangen, bis Bill ihr seine rein platonischen Absichten und seine Abneigung gegen die dummen und profitfixierten Menschen seiner bisherigen Umgebung (die higher Business-Class des amerikanischen Leistungssportes) offenbart. Nun beginnt die Familienidylle vollends zu bröckeln und es kommt zu einem tragischen Schicksalsschlag, der zu einem Wendepunkt im Leben aller Beteiligten wird.

Nach dem Film konnte ich noch kurz einige Fragen direkt mit Robert Seeliger (spielte den Bill) besprechen. Konkret ging es mir um seine Identifikation mit der pauschal anti-amerikanischen Rolle, die er auch für übertrieben hält, und die einem gebildeten Publikum sicher komisch vorkommen wird, da sie einfach zu pauschal zu viele Menschen über einen Kamm schert. Allerdings ist der Charakter für ihn wie auch für mich insgesamt recht glaubhaft. Es machte ihm große Freude in Deutschland seine erste fremdsprachige Rolle zu spielen.

Beste Grüße aus Berlin.

Text: Philippe Bourdin (11.02.2007)

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