Festival Max-Ophüls-Preis 2024 in Saarbrücken


Aufgetaucht“

Das Max Ophüls Festival 2024, das vom 22. bis 28. Januar in Saarbrücken stattfand, bot ein beeindruckendes Programm und festigte einmal mehr seine Bedeutung als eines der wichtigsten Festivals für den deutschsprachigen Filmnachwuchs. Mit 131 Filmen, die in verschiedenen Kategorien präsentiert wurden, zog das Festival nicht nur Fachbesucher an, sondern auch ein breites Publikum aus Filmbegeisterten, Journalisten und Kulturschaffenden. Der diesjährige Fokus lag auf der Förderung von jungen Talenten und der Auseinandersetzung mit aktuellen gesellschaftlichen Themen durch die Linse des Films.

Der vor dem Festival geäußerte gnadenlose Optimismus hat sich bestätigt; es konnte ein Anstieg der Gesamtauslastung von 72,8 auf 75%, und ein Anstieg der herausgegebenen Kinotickets von 28.045 auf 30.251 verzeichnet werden, was einer Steigerung um rund 8% entspricht. Zudem gab es ein sehr positives Feedback von Filmschaffenden, Gästen und dem Publikum.

Auch ich fand die Organisation sehr gut. Alles lief reibungslos, die Schlangen an den Kassen waren weit geringer als in den Jahren davor, und die Kartenverkäuferinnen waren sehr freundlich und geduldig. Alternativ waren Online-Tickets erhältlich, mit denen man direkt zu dem betreffenden Kinosaal gehen konnte.

Im Laufe des Festivals habe ich mir in allen Kategorien Filme angeschaut, und werde im Folgenden zu einigen Filmen meine Eindrücke schildern.

Von den Langfilmen im Wettbewerb, die ich gesehen habe, konnte mich nur einer richtig überzeugen, und dieser ist schönerweise auch der Gewinnerfilm in der Kategorie „Bester Spielfilm“ (neben den Preisen „Preis der Filmkritik – Bester Spielfilm“ und „Fritz-Raff-Drehbuchpreis“) geworden: „Electric Fields“ von Lisa Gertsch. Dieser ungewöhnliche, in Schwarzweiß gedrehte Film erzählt epsiodenhaft, aber dennoch lose miteinander verbunden, von „…Liebe und Vergänglichkeit, von Sehnsucht und Einsamkeit, vom Entstehen und Vergehen von Verbindungen, von Transzendenz, Natur und Tod.“ (aus Begründung der Filmjury). Mit der Auszeichnung dieses Films hat die Filmjury gezeigt, dass auch mutige Filmprojekte, die keine durchgehende Handlung haben, eine Chance haben, Preise zu gewinnen, und haben zusätzlich dem Plakat alle Ehre getan, da man sich beim Betrachten dieses Films auch wie abgetaucht in eine andere Welt fühlt.

Meiner Meinung nach erwähnenswert ist noch der Film „Wo keine Götter sind, walten Gespenster“ von Bastian Gascho. Auch wenn man dem Film sein geringes Budget ansieht, kann man darüber hinwegsehen, da die Protagonisten so natürlich unnatürlich agieren und der Plot so haarstreubend und originell ist, dass man tatsächlich dem Film bis zum Ende mit Spaß folgt.

Dann gab es noch nervige Filme wie „Immerhin; Die Kunst, die Kunst“ von Antonia Walther, der versucht die unschönen Seiten des Filmeschaffens durch Handlungen in sich vermischenden Realitätsebenen darzu-stellen, was eigentlich ganz originell ist. Leider haben die Darsteller durch ihr extatisches Spiel und ihr nicht zu überspielendes Schauspielergehabe den Film für mich unerträglich gemacht.

Good News“ von Hannes Schilling handelt von einem karrieregetriebenen Journalisten, der keine Grenzen kennt, um an eine gute Story zu kommen. Der Film bekam den Preis für den gesellschaftlich relevanten Film.

Im „Kurzfilmprogramm“ hervorzuheben ist die neu eingeführte Reihe Diskurze. In der Sparte „Leih mir deine Augen“ wurden Filme gezeigt, die verschiedene Arten von Gewalt gezeigt haben, die Menschen anderen gegenüber ausüben; Gewalt gegen Frauen, Gewalt in der Familie oder Gewalt von Staatsdienern gegen die Bürger des Staates.

Im Kurzfilmwettbewerb gab es aber mit „Die Verdorbene“ und „God’s Anus“ auch im wahrsten Sinne phantastische Filme, die Themen wie „Andersartigkeit“ oder „Was kommt nach dem Tod“ behandeln.

In der Kategorie “Dokumentarfilm” wurde der Blick auf das politische und soziale Leben weltweit geschärft. Viele Filme handelten von der Flüchtlingsproblematik, deren Ursachen und dem Umgang mit dieser Problematik. Ich konnte jedoch mit dem Film „Zwischen uns Gott“ von Rebecca Hirneise am meisten etwas anfangen, da hier eines der grundlegendsten Probleme der Menschheit am Beispiel einer Familie gezeigt wird, in der der fundamentale religiöse Glaube diese Familie zu spalten droht. Wie mit einer Lupe wird das Menschheitsproblem, das darin besteht, Andersgläubige entweder bekehren oder bekämpfen zu wollen, betrachtet, und an Hand der Familienmitglieder der Regisseurin dargestellt. Dieser sehr intime Film stellt eindrücklich dar, wie dogmatische Grundvorstellungen Mauern bilden, die ohne den notwendigen Weitblick und das Hineinversetzen in den anderen unüberwindlich werden können.

Ebenso beeindruckend fand ich den Film „Hausnummer Null“ von Lilith Kugler, in dem ein obdachloser junger Mann über viele Monate hinweg begleitet wurde, wie er an Geld für Nahrungsmittel herankommt, wie er schläft, wie er isst, wie er friert, wie er mit seiner Mutter auskommt und wie er es schließlich schafft (nicht ohne die Hilfe der Filmcrew), die Straße zu verlassen und ein „normales“ Leben zu führen. Ein nach dem Film eingespielter Kommentar vom Protagonisten stellte klar, dass er den Absprung auch tatsächlich geschafft hat.

Utopiekadaver“ von Johannes Blume schließlich ist ein sehr ernüchternder Film über die letzten Hausprojekte in Berlin. Diese sollen (und wurden es teilweise bereits) Stück für Stück aufgelöst, und die Bewohnerinnen sozusagen aus der Stadt vertrieben werden. Selbstverwaltete Hausprojekte, in denen Vielfalt herrscht, ebenso Kreativität und Nächstenliebe sind in den Augen der Eigentümer ganz offensichtlich ein Dorn im Auge. Wahrscheinlich vor allem deswegen, weil sie sich mit der Sinnhaftigkeit dieser Projekte gar nicht auseinandersetzen, sondern Ihre vermeintlichen Renditeobjekte nicht von „linken Zecken“ bewohnt sehen wollen. Dabei könnte man sicherlich andere Wege finden, auf denen beide Parteien zueinander finden und sich gegenseitig bereichern könnten. Hierzu müssten jedoch beide Parteien bereit sein, einen Schritt aufeinander zu zu machen. Der Film zeigt, wenn auch nur von einer Seite, dass die verhärteten Fronten dies fast unmöglich machen, aber „fast unmöglich“ bedeutet „möglich“.

Nicht nur die Wettbewerbsreihen, sondern auch die unzähligen Nebenreihen, wie „MOP-Diskurze“, „MOP-Serien“ oder die Sonderprogramme „Tribute“ und „Hommage“ machten das Festival zu einer sehr vielseitigen Veranstaltung, bei der es nicht nur darum geht, Preise zu gewinnen, sondern qualitativ hochwertige Filme zu sehen und mit anderen Filminteressierten und Filmeschaffenden ins Gespräch zu kommen.

Abschließend lässt sich sagen, dass das Max Ophüls Festival 2024 sowohl für Filmliebhaber als auch für Fachbesucher ein voller Erfolg war, was nicht nur an der hohen Qualität einiger Filmformate liegt, sondern auch an der Offenheit und dem Mut zu gesellschaftspolitischen Themen, die das Festival schon von Beginn an auszeichnen. Vor allem in der Sparte „Dokumentarfilm“ hat das Festival jedes Jahr einiges zu bieten, aber ab und zu ist auch in der Sparte Langfilm eine „Perle“ dabei. Da kann man gespannt sein, was einen im nächsten Jahr erwartet.


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