Berlinale Tag 3


Fern von uns

Heute versuche ich mich mal etwas kürzer zu halten als in den letzten Tagen, erstens weil ich gleich zum nächsten Film muss, zweitens weil ich in einem Podcast gerade eben schon eine ganze Weile über Filme gesprochen habe (Link folgt im morgigen Artikel) und drittens weil ich gerade eben einen dreistündigen Film gesehen habe (den ich dann ebenfalls morgen besprechen werde, Stichwort Embargo für Weltpremieren).
Außerdem war mein dritter Tag was die Qualität der Filme angeht auch eher durchwachsen, so dass ich nicht ganz so viel zu sagen haben wie in den letzten Tagen. Einen kleinen Zwischenstand möchte ich aber über die im Vorschau-Beitrag erwähnte Gendergerechtigkeit abgeben. An den ersten drei Tagen habe ich insgesamt 13 Filme gesehen, von diesen 13 Filmen waren zwei von Regisseuren, einer von einem Regie-Paar bestehend aus einem Mann und einer Frau und zehn von Regisseurinnen. Damit konnte ich bisher meinen Vorsatz, vorwiegend Filme von Regisseurinnen zu sehen, weitestgehend einhalten, wenn ich auch in den verbleibenden Tagen die Bilanz noch etwas mehr auf die männliche Seite rutschen wird. Von einem dieser zehn Filme von Frauen, die ich gestern gesehen habe, möchte ich im Folgenden erzählen.

Fern von uns (Forum, Argentinien)
Auch gestern war es mal wieder so, dass das beste zum Schluss gekommen ist, wenn dieser Eindruck auch etwas dadurch gefärbt sein könnte, dass der argentinische Film der beiden deutschen Regisseurinnen Verena Kuri und Laura Bierbrauer für mich eine persönliche Relevanz hat. Dieser spielt nämlich in Misiones, der nördlichsten Region Argentiniens, die an Paraguay und Brasilien grenzt, und ich habe einige Freund*innen, die eben dort aufgewachsen sind. Tatsächlich ist der deutsche Titel “Fern von uns” auch der offizielle Titel des Films in Argentinien, er beschäftigt sich nämlich mit den vielen Deutschstämmigen, die bis heute in der Region leben und auch immer noch Deutsch sprechen (wenn sich die Sprache auch immer mehr verliert, wie die Regisseurinnen im Gespräch nach dem Film erläuterten). Ein Großteil dieser Familien ist bereits Anfang des 20. Jahrhunderts bzw. nach dem 1. Weltkrieg im Zuge der Weltwirtschaftskrise ausgewandert und hat sich im Dschungelgebiet des nördlichen Argentiniens (siehe Bild) eine neue Existenz als Bauern aufgebaut.
Kuri und Bierbrauer erzählen die Geschichte einer jungen Frau, die versucht aus dieser Welt, die sehr weit weg vom kosmopolitischen Buenos Aires liegt, zu entfliehen, daran aber immer wieder scheitert und wohl auch in gewisser Weise von dieser abgelegenen Welt immer wieder angezogen wird. Sie greifen dabei auf einen Cast aus Laienschauspieler*innen und vor allem auf eine deutsche Familie aus einem Dorf an der Grenze zu Brasilien zurück, um ihre fiktionale Geschichte in einem realen Umfeld zu erzählen. Um genau die richtige Familie für dieses Projekt zu finden waren die beiden Regisseurinnen drei Jahre in Misiones unterwegs, wie sie nach dem Filme erzählten. Entstanden ist dabei ein sehr ruhiger Film, der von der tollen Landschaft mit seiner roten Erde und dem teilweise undurchdringlichen Regenwald bereichert wird. Dabei reiht er sich insofern in die Sektion Forum ein, als er durchaus etwas anstrengend ist (mit 79 Minuten Laufzeit die Geduld aber auch nicht überstrapaziert). Der Film ist in jedem Fall ein gelungenes Experiment und Erstlingswerk der beiden Regisseurinnen, könnte allerdings für Menschen ohne Bezug zur Region etwas sperrig daher kommen.


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