BERLINALE – Ein psychedelisches Abenteuer: Der Animationsfilm “My Entire High School Sinking into the Sea”


Dass der Film des Comicautors Dash Shaw in der Sektion “Generation 14+” läuft, ist zeitweise verwunderlich. Nicht nur weil in seiner Geschichte um eine Schule, die aufgrund eines Erdbebens eine Klippe herunterfällt und im Meer versinkt, enorm viele Menschen sterben, sondern auch wegen der Bilder, denen die Bezeichnung “kreativ” alleine nicht mehr gerecht wird. Man hat eher das Gefühl, man befinde sich auf einem gewaltigen Drogentrip. Diese Flut an Farben, Mustern und Lichteffekten gekoppelt mit einem teilweise verstörenden Plot könnte einen 14-jährigen Zuschauer möglicherweise doch überfordern.

Abgesehen davon ist Shaws Animationsfilm aber zumindest für Erwachsene ein fantastisches Vergnügen. Zu Beginn meint man noch, es handle sich hier um eine harmlose High School story. Man lernt den gleichnamigen Protagonisten Dash kennen, der ein klassischer Nerd-Archetyp ist: Wenige Freunde, Teil der Schulzeitung (die selbst geschenkt niemand haben will), eine Abneigung gegen die “Normalen” und jede Menge absurde Ideen parat. Man vermutet die Geschichte eines unbeliebten Jungen, der es schafft, doch noch beliebt zu werden, vielleicht durch einen besonders originellen Artikel, oder eine Art Heldentat. Dass die Heldentat Haie in der Schulbibliothek, eine kampfsportaffine Lunch Lady oder einen Haufen abgerissener Beine beinhalten würde – nein, damit hat man eher nicht gerechnet.

Aber man kann nur staunen über die Vielfalt an Farben, Zeichenarten und Ideen, die hier aufeinandertreffen. Mal sind es weiche Zeichnungen, die an Die Melodie des Meeres erinnern, dann wieder schrille Farbkontraste und Diskolicht-Effekte – nicht umsonst die Epilepsie-Warnung. Konsequent durch den Film zieht sich, dass die Figuren immerzu zu “wackeln” scheinen: Es sind keine starren Bilder, wie eine lodernde Flamme beben die Konturen der Personen, was ihnen eine besondere Lebendigkeit verleiht.

Wer aufpasst, der erkennt hinter Marys Stimme recht schnell Lena Dunham – dass die Lunch Lady von Susan Sarandon eingesprochen wurde, ist durch deren betont tiefe, brummige Stimme schon schwieriger zu identifizieren. Jason Schwartzman als Dash rundet den Cast ab. Trotz der bekannten Stimmen ist My Entire High School ein absoluter Indie-Film, an dem außer einigen wenigen weiteren Comiczeichnern nur der Regisseur und die Trickfilmzeichnerin Jane Samborski beteiligt waren. Nachdem Shaw sechs Jahre lang an dem Film gearbeitet hatte, feiert er auf der Berlinale nun seine Deutschlandpremiere.


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