Akademischer Filmclub blickt in die Zukunft des Kinos


55 Jahre alt wird man nur einmal. Doch dank der großzügigen Förderung von Alumni e.V. und der MFG Baden-Württemberg konnte der Akademische Filmclub e.V. vom 22. bis 25. November 2012 eine ganz besondere Veranstaltung zu seinem Jubiläum organisieren: Das Symposium „future bytes film – quo vadis, cinema?“ beschäftigte sich mit der Zukunft des Kinos im Zeitalter der Digitalisierung. Zu Gast waren u.a. der Filmkritiker Rüdiger Suchsland, der deutsche Kinomacher Ludwig Ammann, der palästinensiche Kinomacher Fakhri Hamad und der renommierte Stummfilmmusiker Günter A. Buchwald.

Dass wir unsere Fotos längst nicht mehr in der Dunkelkammer entwickeln lassen, sondern oft selbst vom Computer auf Fotopapier ausdrucken, ist mittlerweile völlig normal. Doch nun erfasst der Trend zur Digitalisierung auch das Kino, so dass der Zuschauer Filme immer seltener als „Celluloid“-Film von 35-Millimeter-Rollen, sondern immer öfter von digitalen Festplatten vorgeführt bekommt. Obwohl das grundsätzlich nichts am Kino ändert – schließlich werden vorher wie nachher Filme vorgeführt – verändert die Digitalisierung des Kinos die Kinolandschaft, das Kinoprogramm und evtl. auch die Filme selbst. Dieser komplexen Thematik hat der aka-Filmclub sein viertägiges Filmfestival gewidmet.

Wenn man sich mit Umbrüchen in der Filmlandschaft beschäftigt, kann es sinnvoll sein, diese in Verbindung mit vergleichbaren Ereignissen in der Vergangenheit zu stellen. Obwohl die Entwicklungsphasen des Films von der Jahrmarktattraktion zum Erzählmedium und vom Stumm- zum Tonfilm einige Unterschiede zur Digitalisierung aufweisen, geriet der erste Tag des Symposiums zur anregenden Zeitreise. Vom ersten Kuss und dem ersten Bankraub der Filmgeschichte führte diese zunächst zu frühen Parallelmontagen des Amerikaners D.W. Griffith und der fantasievollen Mondreise des Franzosen George Meliès. Wie die genannten Stummfilm-Klassiker vom ausdauernden Musiker Günter Buchwald begleitet folgte der Stummfilm „Sherlock jr.“, in dem sich der legendäre Komiker Buster Keaton in äußerst intensiv in einen Filmdetektiv hineinversetzt. Am folgenden Film „M – eine Stadt sucht einen Mörder“ ließ sich anschließend begutachten, wie der Tonfilm den Stummfilm als führendes Kinoformat ablöste.

Doch welche Rolle spielt das überwiegend vom Tonfilm dominierte Kino heute? Das aka-Symposium zeigte dazu zwei höchst unterschiedliche Filme: In „Cinema Jenin“ bekommt ein Kino im Westjordanland eine friedensfördernde Funktion in einem von kriegerischen Streitigkeiten zerrütteten Gebiet, während „Holy Motors“ einen wilden cineastischen Bilderbogen kreiert, in dem das Kino zugleich für Kunst und Künstlichkeit steht, in dem das Kino sowohl als tot, als auch als omnipräsent begriffen werden kann.

Mit den Erkenntnissen über Vergangenheit und Gegenwart des Kinos im Gepäck,ging das Symposium am dritten Tag zu seinem Schwerpunkt über: Der Frage, wohin sich das Kino in Zukunft bewegt. Der Filmkritiker Rüdiger Suchsland wehrte sich in seinem Vortrag gegen technik-skeptische Untergangsszenarien und forderte eine selbstbewusste und selbstbestimmte Haltung der Kinos bei ihrer Programmauswahl. Wenn diese sich trauten, über die Befriedigung von Massengeschmäckern hinaus ihr Publikum auch durch eigene programmatische Akzente zu „erziehen“, dann hätten die Kinos eine gute Chance, sich in bildungsbürgerlichen Kreisen als Institution zu etablieren und als Teil der gesellschaftlich unterstützten gehobenen Kunst zu bestehen. Mit der technischen Seite des Veränderungsprozesses befasste sich der aktuelle Dokumentarfilm „Side by Side“, in dem zahlreiche Hollywood-Größen sich zur Digitalisierung äußern. Während George Lucas („Star Wars“) und James Cameron („Avatar“) große Fortschritte durch die neuen Bearbeitungsmöglichkeiten des Filmmaterials erwarten, kündigen Christopher Nolan („Inception“) und sein Kameramann Wally Pfister an, so lange wie möglich auf analogem 35-Millimeter- Material drehen zu wollen. „Ein guter Film funktioniert auch in 2D“ hatte der Freburger Medienwissenschaftler Dr. Franz Leithold zwei Tage zuvor proklamiert und Martin Scorseses märchenhafter „Hugo Cabret“ schickte sich an, dieser Behauptung Gehalt zu verleihen. Zugleich schlug dieser Film einen Bogen zurück zur Frühgeschichte des Films, weil er sich auf die Lebensgeschichte des französichen „Stummfilm-Magiers“ George Meliès bezieht. Ein Beispiel für die neue Demokratie, welche angeblich im Zeitalter des digitalen Kinofilms entstehen soll, bot die aus online gesammelten Kleinbeträgen („Crowdfunding“) produzierte Science-Fiction- Satire „Iron Sky“. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass spätere Exponenten dieser Produktionsweise einen nachhaltigeren Drive entfachen können, als dieses bestenfalls über eine halbe Filmlänge einfallsreiche Machwerk.

Nach diesen zahlreichen filmischen und diskursiven Anstößen, durfte der aka- Filmclub fünf Diskussionsteilnehmer, einen souveränen Moderator Franz Leithold und ein engagiert nachfragendes Publikum zur abschließenden Podiumsdiskussion „Wohin bewegt sich das Kino?“ begrüßen. Auch hier kamen einige Facetten der Vor- und Nachteile der neuen Technik zur Sprache. Während der Freiburger Kinobetreiber Ludwig Ammann (Harmonie-Friedrichsbau-Kinos) von den neuen Möglichkeiten aus Live-Übertragungen diverser Großereignisse schwärmte, sprach MFG- Geschäftsführer Dieter Krauss mit dem Kinosterben in ländlichen Gebieten infolge der hohen Digitalisierungskosten eine Schattenseite der im Abschluss befindlichen Digitalisierungswelle an. Diese wirkt sich, wie der Vorsitzenden des Bundesverband Kommunaler Filmarbeit, Fabian Schauren, betonte, besonders auf studentische Kinos wie z.B. den Freiburger aka-Filmclub aus. Denn für diesen steht 2013 eine weitere Auseinandersetzung mit der Zukunft des Kinos im Zeitalter der Digitalisierung an: Die Frage, ob er sich die Digitalisierung seiner eigenen Vorführtechnik leisten kann, damit auch zum sechzigjährigen Jubiläum das Kino zelebriert werden kann.

 

Text: mk

Der studentische Fernsehkanal uni.tv hat anlässlich unseres 55. Jubiläums und des Symposiums quo vadis, cinema? einen Beitrag über den aka gedreht, der inzwischen online geguckt werden kann:

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