# 11 Oberhausen: Podium – Das Archiv des Films


Verbunden mit der Frage nach dem, was Film heute ist, wo er stattfindet und welche Wahrnehmungen er erlaubt – siehe auch # 10 Oberhausen zum Festivalthema FILM WITHOUT FILM -, ist die Frage nach dem Archiv des Films. Neben der Fortsetzung des im vergangenen Jahr begonnenen Archivprogramms, das Kurzfilme aus vier verschiedenen Filmarchiven präsentierte und wieder einen Blick auf unvermutete Bilder ermöglichte, thematisierten auf dem Podium DIGITALE ARCHIVE – VERÄNDERUNGEN UND CHANCEN Christoph Giradet (Künstler und Filmemacher), Peter Delpeut (Filmemacher und Autor), Florian Wüst (Künstler und Kurator) und Anna Lindner (Künstlerin) Fragen nach dem Gedächtnis, der Speicherbarkeit und Archäologie des Films.

Die Digitalisierung konfrontiert uns in viel stärkerem Maße mit Fragen nach der Materialität eines Films – wann ist ein Film ein Film, welche Voraussetzungen muss er erfüllen um als Film zu gelten? Wie wird sich unser Verhältnis zum digitalen Material entwickeln und welchen Platz wird darin das archäologische Interesse am Film und die Faszination für seinen Zerfall finden? Wie sieht der Zerfall von digitalem Film aus?

Christoph Giradet, Peter Delpeut, Florian Wüst und Anna Lindner auf dem Podium “Digitale Archive” © Anna Pfitzenmaier

Auch die Frage nach der Zugänglichkeit der immer rasanter anwachsenden Masse an Filmen, den leeren Stelle bei der Filmarchivierung und der rechtlich unsicheren Situation vieler Filme wurde gestellt. So wurde einerseits die Forderung, alles jederzeit für jeden zugreifbar zu machen, in seiner bekannten Unbestechlichkeit formuliert. Was nicht online sei, sei früher oder später nicht mehr sichtbar und damit auch nicht existent. Andererseits ging man der Illusion in dieser Forderung nach, zu einem gegebenen Zeitpunkt alle jemals auf dieser Welt produzierten Bilder verfügbar zu haben (es gäbe also ein vollständiges Archiv) und darauf auch noch sinnvoll zugreifen zu können.

Die Frage nach einer sinnvollen Ordnung verdeutlicht weitere Grenzen – wie können unterschiedliche Interessen am Filmmaterial durch seine Aufbereitung beantwortet werden, wie kann die Bedeutung von Material kommuniziert werden ohne langfristig veränderte Bedeutungen und neue Kontexte zu verhindern? Bei all diesen Fragen sollte nicht die Unberechenbarkeit und Kontingenz von Archiven und Sammlungen unterschätzt werden, auch digitale Technologien werden dem kein Ende setzen. Anhand konkreter Beispiele wurde trotzdem deutlich, dass der Zugang zu vielen Filmarchiven weiter verbessert werden sollte.

Woran sich die Frage nach der Filmkuratierung und dem Verhältnis des Kurators (die weibliche Form sei mitgedacht) zum Archiv und den darin arbeitenden Menschen stellt. Der Künstler oder Kurator könne mit seinem andersartigen Blick auf Film und Herangehen an eine Sammlung andere Akzente bei der Beurteilung von Filmen setzen als ein Archivar, der Sammlung fruchtbare Impulse und neue Sinnhaftigkeit hinzufügen, so das Argument. Der Künstler sieht anders und andere Dinge als der Archivar. Damit können auch kuratorische und restaurative Ansätze neu zusammengedacht und zusammengebracht werden. Dabei handelt es sich um eine schon in der Vergangenheit geführte Diskussion, was ihr Anwendungspotential aber nicht schmälern sollte.

Mit der Anmerkung machte eine im Publikum anwesende Filmarchivarin auf eine grundsätzliche Problematik der Diskussion aufmerksam: Diese für die Konstituierung unseres Bildreservoirs so bedeutsamen Fragen werden in der Regel branchenspezifisch verhandelt – unter Filmemachern, unter Kuratoren oder unter Archivaren, und in ihrer jeweiligen Sprache. Interdisziplinäre Arbeit ist etwas anderes, und der als so fruchtbar angepriesene Dialog fand nicht statt. So wird das Verhältnis von Künstler, Kurator und Archivar weiterhin eher von situativen Zufällen geprägt sein als von gegenseitigem Verstehen. Es bleibt zu wünschen, dass die Auseinandersetzung mit dem Gedächtnis des Mediums Film fortgesetzt wird und dies ohne das Gedächtnis nur in den großen Filmarchiven zu suchen. Für eine Bestimmung der Wahrnehmungs- und Ausdrucksformen von Film und seinen Veränderungen ist eine solche Auseinandersetzung unerlässlich und wird im digitalen Zeitalter immer unerlässlicher.

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